Zwei Legenden um das Rotbunte Schwein...........

 österreichisches Kaiserschwein oder dänisches Protestschwein?                                 


Um 1911 gab es auch in Österreich eine Debatte um die Einführung eines patriotischen Schweins,das " österreichische Kaiserschwein ".

Man überlegte in Wien, wie man das 65-jährige Regierungsjubiläum des Kaisers Franz Joseph würdig feiern könnte und man wollte auf alle Fälle auf die unerfahrene 25-jährige Regierungszeit des Deutschen Kaisers, des Preußen Wilhelm II Bezug nehmen.Eine Gruppe um einen Wiener Hofbeamten kam dann auf die Idee, ein rot-weiß-rot gestreiftes Schwein, ein Schwein in den Farben der Monarchie und des Militärs zum Nationalschwein zu erklären.Ein solches genügsames und robustes Schwein, welches damals noch keine Würdigung erfahren hatte, wurde um 1880 in Schleswig-Holstein gezüchtet und wartete darauf, dass sich jemand seiner annahm. Warum aber wurde dieses Schwein so gezüchtet, erklärt sich aus der

 Geschichte:

1864 wurden die drei Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg zur gemeinsamen Regierung an Preußen und Österreich abgetreten. Holstein wurde von Österreich verwaltet, Schleswig von Preußen und Lauenburg wurde komplett von Preußen einverleibt. Kiel wurde preußischer Kriegshafen. Nun entflammte eine heftige Debatte darüber, ob man das Zeigen der dänischen Flagge tolerieren solle oder nicht. Österreich zeigte sich tolerant, Preußen ließ es bei Strafe verbieten. Als später auch preußische Truppen das österreichische Holstein besetzten, wurde das Zeigeverbot auch auf Holstein übertragen.Nun berichtete 1881 erstmals ein preußischer Polizeiposten aus Husum der preußischen Regierung in Berlin, es sei zu beobachten, dass Bauern rot-weiß-rot gestreifte Schweine hätten. Nach ausführlichen Befragungen der Bauern stellte man fest, dass dieses Schwein vom allgemein verbreiteten Holsteiner und Jütländischen Marschschwein abstammte. Eine zielgerechte Kreuzung in den Farben der dänischen Flagge konnte den Bauern jedoch nicht nachgewiesen werden, man war aber der Überzeugung, dass es den Bauern sehr wohl bewusst war, und dass dieses Schwein ein Affront gegen die Preußen darstellte. Ein dänischer Protest mit Schweinen! Auf alle Fälle sollte dieses Schwein in keinem Fall offfiziell anerkannt werden, es sollte namenlos und nicht existent bleiben.

Diese Zusammenhänge stachelten die Phantasie des kaiserlichen Hofrates in Wien an. 1911 sollte  dieses Schwein offfiziell zum österreichischen Nationalschwein anerkannt werden. Ein Zeichen des Patriotismus, eine Ehre für Österreich und eine Demütigung für Preußen. Doch es gab auch Widerspruch und Gegenstimmen, so tauche 1912 in Wien eine antikaiserliche Schmähschrift auf, die dem " Kaiserschwein " das Aus bescherte.


 Die dänische Minderheit hielt aber weiterhin diese Tiere als Symbol für deren Nationalstolz, und so rührte daher der Name " dänisches Protestschwein ".Gezielte Einkreuzungen mit englischen Tamworth-Ebern brachten die kräftige rote Farbe, die extreme Robustheit sowie die Stehohren mit ein. Und weil damals nahezu jeder Selbstversorgerhaushalt sein eigenes Schwein hielt, war die Population der sogenannten Rotbunten Schweine entsprechend groß.Doch auch die Deutschen bevorzugten bald die Schweine dieser besonderen Züchtung, denn sie galten als robuste gute Muttertiere. Um 1916/17 wurde diese neue Rasse als rote Variante der Angler Rasse populär. Doch erst 1954 wurde das mächtige Landschwein offiziell  anerkannt und ein Herdbuch erstellt. Namensgeber und Sitz des Verbandes war Husum, die Stadt Theodor Storms, da dort einer der größten Viehmärkte nördlich der Eider stattfand. Später dann wurden diese Schweine - wie alle anderen alten Rassen - bald schon wegen ihrer dickeren Speckschicht und dem langsameren Wachstum von den modernen Leistungsrassen verdrängt.1968 sah man auf der Kreistierschau in Rendsburg zum letzten Mal eine Sau mit Ferkeln. Dann wurde das Herdbuch geschlossen.


Aufzeichnungen über das Verbleiben der Rasse zwischen der Schließung des Herdbuches 1968 und der " Neuzüchtung " 1984 fehlen. Vermutlich starb das ursprüngliche Rotbunte Schwein in dieser oben besagten Zeit aus.



Neuzüchtung 

 1984 wurden auf der Grünen Woche in Berlin erstmals wieder rote Schweine mit einer weißen Gurtung , die aus Kreuzungs-Schweinen aus dem Bodenseegebiet stammten, ausgestellt. Sämtliche in Berlin gezeigten Tiere wurden von dem Zoo Berlin und dem Tierpark Neumünster - erworben und gezüchtet. Diese hießen zunächst Rotbuntes Weideschwein. Bei dieser Neuzüchtungsarbeit ging es um die Züchtung eines Tieres, welches den gleichen Phänotyp aufwies, wie die bereits ausgestorbene Rasse. Diese Neuzüchtung durfte nicht mit dem Namen der ausgestorbenen Rasse belegt werden, so wurde aus dem ursprünglichen Rotbunten Schwein die Rassebezeichnung Rotbuntes Husumer Schwein. Somit ist unser heutiges  Rotbuntes Husumer Schwein  genau genommen eine der jüngsten Rassen. 1984 entstand dann mit 14 Haltern und Züchtern erst eine Interessengemeinschaft " Rotbuntes Husumer Schwein " am 03.Mai 1996 wurde dann der " Förderverein Rotbuntes Husumer Schwein e.V. " von 16 Züchtern auf dem Hof Lütjensee gegründet.

 

 


Derzeitige Situation

Seit Anerkennung und  Förderung  des Rotbunten Husumer Schweins durch das Land Schleswig-Holstein fasst man die regionalen Rasseschläge Angler Sattelschwein, Rotbuntes Husumer Schwein, die Sattelschweine der ehemaligen DDR und das Schwäbisch-Hällische Schwein zur Sammelbezeichnung „Deutsches Sattelschwein“ zusammen. Und regional werden diese Schweine heute auch vermarktet . Die offfiziell gekennzeichneten Tiere sind im Schweineherdbuch Schleswig- Holstein erfasst und werden jetzt verwaltet vom Hybrid-Schweine-Zuchtverband Nord-Ost e.V. in Malchin – Mecklenburg-Vorpommern. Unter der Bezeichnung : Deutsches Sattelschwein -Abteilung Rotbuntes Husumer Schwein  werden unsere Schweine im Herdbuch geführt.


Inzuchtproblematik

Kontrollierte Inzucht war in der Entstehungsphase dieser Rasse eine verbreitete Methode um Rassemerkmale zu festigen aber auch um z.B. schlechte Eigenschaften herauszufinden. Doch je stärker die Inzucht, je höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass negative im Erbgut versteckte Eigenschaften sichtbar werden und Einfluß auf den Phänotyp nehmen. In diesem Fall spricht man von Inzuchtdepressionen, für welche das Schwein im Allgemeinen besonders anfällig ist. Eine Inzuchtdepression äußert sich u.a. in einer verminderten Vitalität sowie Fruchtbarkeit der Muttertiere. Ein weiterer negativer Effekt der Inzucht ist ein Nachlassen der Anpassungsfähigkeit der Tiere auf geänderte Umweltbedingungen. Auch hier gilt, ein Allel, welches " weggezüchtet " wurde ist unwiederbringlich verloren.

Der Inzuchtkoeffizient ist eine von vielen Methoden, den Grad der Inzucht festzustellen. Je tiefer und korrekter der Pedigree aufgebaut ist, desto genauer ist die Aussage des Inzuchtkoeffizienten. Im Normalfall reicht die Bestimmung des IK über 3 oder 4 Generationen aus, um eine sichere Aussage zu machen. Weiter zurückliegende gemeinsame Ahnen tragen wegen der sogenannten Generationsverdünnungsrate sowieso wenig zum Inzuchtkoeffizienten bei.

Neben unserem wichtigsten züchterischen Ziel, den Grenzwert des IK möglichst unter 5% zu halten, versuchen wir mit dem Aufbau verschiedener Eber- und Sauenlinien eine weite genetische Population zu schaffen.